Zrugg is 1921 - La Forclaz VS

Samstag, 17. Juli 2021

Heute krähte der Hahn so früh wie noch nie. Um 7.00 Uhr mussten wir aufstehen, um unsere sieben Sachen zu packen und die beiden Chalets ordentlich zu putzen. In verschiedenen Gruppen eingeteilt machten wir uns daran die Kissen aufzuschütteln, die Duvets zu entfernen, unter den Betten abzustauben und die Latrinen zu fiedeln. Alle halfen tatkräftig mit, auch wenn uns die Müdigkeit langsam zusetzte. Ausgelaugt aber glücklich stiegen wir wieder in den Car Richtung Neuendorf. Kaum hatte das Fahrzeug die ersten Kurven aus dem walliser Tälchen in Angriff genommen, schlossen sich die ersten Augen. Die Woche im Wallis hat den Schülern aufgezeigt, was es bedeutet, wie im 1921 zu leben und ihnen sicher auch einige Weisheiten für ihren weiteren Weg mitgegeben. Wir sind gespannt, was aus den Berufswünschen «Influencer», «Model» und «YouTuber» geworden ist und ob sich die Klasse auch vorstellen könnte als Bauer oder Schreiner zu arbeiten. Auf jeden Fall wünschen wir ihnen für den weiteren Berufsweg alles Gute und der Lehrerin starke Nerven.

 

Danke an euch Eltern, dass ihr uns eure Kinder jedes Jahr von Neuem anvertraut. Dies ist nicht selbstverständlich, und wir freuen uns immer wieder, so viele strahlende Kinderaugen nach Hause bringen zu dürfen. Danke an das gesamte Leitungsteam, welches diese Woche zu der gemacht hat, die sie war. Danke auch an die Küche, welche uns die gesamte Woche über kulinarisch verwöhnt hat. Auch wenn die Sonne an den meisten Tagen nicht genug stark war um dem grauen Schleier am Himmel zu trotzen, so merkte man dies der Stimmung im Lager nicht an.

 

Eine schöne Woche geht zu Ende und wir freuen uns darauf im 2022 wieder von unseren Abenteuern berichten zu dürfen. Hebets guet, bis bald!

 


Freitag, 16. Juli 2021

Heute stiegen wir wieder zur gewohnten Zeit aus den Federn. Einigermassen fit begaben wir uns zu Tisch, um das zweitletzte Frühstück hier in diesem kleinen Dorf zu verzehren. Da alle relativ müde sind, war die Stimmung eher ruhig und im Esssaal herrschte eine angenehme Lautstärke. Plötzlich meldete sich der Jäger zu Wort. Er meinte, die Bärenbestände würden horrende Grössen annehmen, seien jedoch unmöglich zu kontrollieren, wenn er alles selber machen müsse. Auch der Fischer und der Förster brachten sich in die Diskussion ein und erzählten über die steigenden Fischbestände sowie die schwer zu kontrollierenden Baummassen in den Wäldern. Sie sagten, ihre Berufsgattungen bräuchten mehr Unterstützung von weiteren Kollegen. Um herauszufinden, wen von den dreien wir unterstützen sollten, absolvierten wir am Morgen in neun Gruppen einen Postenlauf, wobei je drei Gruppen für die Berufe kämpfen sollten. Beim Magnete-Fischen, Darts spielen oder Baumstämme sägen konnten wir uns in unseren Stärken beweisen und somit einen der drei Männer unterstützen. Die Gruppen erhielten Geld für die gesammelten Punkte, anhand welcher sich herausstellen sollte, welche Gruppe subventioniert werden soll. Schlussendlich gewann der Fischer, womit er zukünftig auf mehr Unterstützung zählen darf.

 

Am Mittag marschierte aber der böse Landvogt Bohnenblust-Raider mit seinen sechs Soldaten ein und nahm den Gruppen das Geld weg, welches sie am Morgen erarbeitet hatten. Er sagte, sie sollten sich am Nachmittag körperlich trainieren, damit er sie einsetzen kann um seinen neuen Landsitz zu erbauen. Einige Dorfbewohner wurden dazu gezwugnen die Trainingseinheiten zu leiten. Wir mussten Linienläufe absolvieren, Gumpiseilen, Baumstämme schleppen und Wandsitze halten, während die sechs Soldaten konstant herumstolzierten um zu kontrollieren, dass auch ordentlich geschwitzt wurde. Während des Nachmittags hörte man es jedoch immer wieder von den Bergen pfeifen, es gäbe eine geheime Untergrundorganisation, welche den Landvogt gerne stürzen würden. Mit Hilfe von Geheimtipps gelang uns dies zum Glück und wir konnten die bösen Soldaten und den Landvogt von unserem Dorf vertreiben. Froh darüber, das schöne Land den Tieren überlassen zu können, feierten wir am Abend ein letztes Mal ausgiebig auf dem Dorfplatz und gingen später zu Bett als die ganze Woche.

 

Müde fielen wir ins Bett und in den beiden Häusern ist sehr schnell Ruhe eingekehrt. Wir sind traurig, morgen schon nach Hause zu kommen, freuen uns aber auch darauf, wieder in unseren eigenen vier Wänden zu sein.

 


Donnerstag, 15. Juli 2021

Auch heute kamen wir wieder in Genuss einer leicht verlängerten Nacht. Um 8.15 Uhr wurden wir von fröhlicher Musik aus dem Schlaf gerissen und zu Tische gebeten. Nach einem leckeren Frühstück betrat die Schneiderin Alina völlig überfordert den Saal. Sie hätte zu viel von dem weissen Stoff und wisse ja gar nicht, was man damit alles anstellen sollte. Die Dorfbewohner nannten viele gute Ideen, wie zum Beispiel das Nähen weisser T-Shirts, kleiner Gespenster, das Färben des Stoffes oder das Zuschneiden zu Tischtüchern. Schlussendlich einigte man sich jedoch darauf, für die Gruppenstunden eigene Flaggen zu gestalten. Bewaffnet mit Textilstiften und flüssiger Farbe wurden farbige Meisterwerke designt, welche vielleicht bald einen Platz im Pavillon finden werden.

Am Nachmittag dann beschäftigten wir uns mit unterschiedlichen kreativen Aktivitäten und lebten so ganz einen Grundsatz der Jubla aus. Zwischen geknüpften Bändeli und der weiteren Nutzung unserer ersten eigenen Singbüechli konnte der Kreativität beim Geschichten schreiben freier Lauf gelassen oder die Riechkünste unter Beweis gestellt werden. Noch lange nachdem die Ateliers eigentlich fertig waren, sassen viele am Dorfplatz und besangen fleissig unsere neuen Büechli. Nach dem Abendessen dann wurde uns eine Hiobsbotschaft verkündet – die Gruppenstundenflaggen, welche am Morgen gestaltet wurden, wurden uns geklaut. Der Schuhmacherin Celina fiel glücklicherweise ein, dass ihr ein Vögelchen zwitscherte, dass die Stoffe nun teuer auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden. Es galt also, diese zurückzugewinnen!

In unterschiedlichen Gassen und Winkeln des nun eindunkelnden Dörfchens waren unterschiedliche Rätsel zu lösen, welche jeweils einen Hinweis darauf geben sollten, wo sich die Fahnen befinden könnten. Nachdem alle Gruppen die Rätsel gelöst hatten konnten die Flaggen glücklicherweise wieder zurückerobert werden. Der Pavillon kann also doch noch weiter ausgeschmückt werden, was eine Freude!

 

Nun aber sind wir alle müde vom vielen Rätseln und begeben uns langsam in unsere Gemächer.

 

Schlaft gut, ich freue mich darauf, euch morgen über unseren letzten ganzen Tag hier in dem kleinen Dörfchen berichten zu können.


Mittwoch, 14. Juli 2021

Diesen Morgen war es erstaunlich lange still in unserem kleinen Dorf. Nachdem wir heute nicht um 07:45 Uhr, sondern um 08:30 Uhr geweckt wurden, standen wir alle erholter auf, als wir dies die vergangenen Tage getan haben. Nach dem Frühstück kam der Brieftaubenzüchter zu uns und meinte, er wolle uns zeigen, wo seine gefiederten Mitarbeiter starten und landen. Um zu demonstrieren, wie gut dies funktioniert, schrieben alle einen Brief, welcher dann von den Brieftauben Ruthli und Federico in die richtigen Briefkästen verteilt werden sollte. Nachdem alle ihren Brief oder ihre Zeichnung fertiggestellt hatten, machten wir uns auf die Wanderung zum Brieftaubenzentrum. Dort angekommen assen wir den am Morgen vorbereiteten Lunch und Sämi zeigte uns, wie eine Brieftaube üblicherweise so startet. Als alle satt und der Wissensdurst gestillt war, machten wir uns wieder auf den Rückweg zu unserem Dorf. Verschiedene Spiele mit grossem Körpereinsatz beendeten den Nachmittag und schliesslich unterzogen sich alle dem obligatorischen Duschen (das Haus hat selten so gut gerochen... ;-)). Am Abend erholten wir uns im dorfeigenen SPA von der Wanderung und takelten uns für den Tanzabend in der lokalen Beiz auf. Müde und mit einer erhöhten Körpertemperatur, hervorgerufen durch das wilde Tanzen, machten wir uns bettfertig.

 

Die Nacht brach schnell herein, Ruhe legte sich zügig über die Zimmer.

 

Ich bin gespannt, wovon ich euch morgen berichten darf.


Dienstag, 13. Juli 2021

Nachdem wir gestern bestimmt hatten, wer der beste Bauer ist und nun zum Frühstück die vielen schöne Brote schnausten, die wir gebacken hatten, stürmte erneut der Bauer Ernst mitten in unser Zmorge. Diesmal bluffte er nicht mit seinem neuen Traktor, sondern fragte ernst, wo der Müller sei. Er hätte ihm für diesen Morgen eine Lieferung Mehl versprochen, da auch das letzte Kilo am vorherigen Abend aufgebraucht worden sei. Die Krämerladenbesitzerin meinte, der Müller sei krank, aber er könne dem Bauern sowieso kein Mehl machen. Bei ihrer morgendlichen Pilzli-Jagd sei ihr aufgefallen, dass des Müllers Mühlensegel bei nächtigem Sturm etwas gelitten habe, dies sei ganz kaputt. Der Bauer Ernst fand dies verständlicherweise nicht so toll. So beschlossen wir die Segel ohne den Müller zu reparieren, das Bedienen des Mühle-Steines sollte ja keine allzu grossen Probleme bereiten, um den Mehlvorrat von Ernst wieder zu füllen. Am Morgen entstanden so viele schöne Windräder aus Papier, Kartonteller und Petflaschen. Zum Dank dafür teilte uns der kranke Müller mit, dass wir in seiner Backstube Kekse backen dürfen, er hätte allerdings nur das Mehl, welches wir nun mahlen können. Um also leckere Guetzli herstellen zu können, mussten wir am Nachmittag bei Eierbauer, Schoggibauer, Milchbauer und co. die weiteren Zutaten in sportlichen Aufgaben erspielen, was uns zum Glück gelang. Am Abend dann konnten wir die Kekse formen und ausstechen – doch der Müller hatte uns damit scheinbar noch nicht genug für die Reparatur seiner Segel gedankt. Er lud uns zusätzlich dazu ein, am Abend das Tanzbein zu schwingen, auch wenn er nicht dabei sein konnte.

Nachdem wir die selbst gebackenen Kekse als Bettmümpfeli verdrückt hatten, hiess es bereits zum vierten Mal «Ab is Näscht».

 

Bis morgen, ihr Lesewütigen.


Montag, 12. Juli 2021

Unser üblicherweise eher ruhiges Frühstück wurde heute durch einen plötzlich aufkommenden Radau gestört. Der Bauer Michi betrat stolz das Esszimmer und verkündete, dass er sich einen neuen, stärkeren Traktor gekauft hatte. Als er erwähnte, dass dies ein Steyr war, mischte sich der Bauer Sandro ein, der der felsenfesten Überzeugung ist, dass John Deere der einzig wahre Traktor ist, welcher in jedes Bauers Scheune gehört.

Diese Aussage reizte die Bäuerin Marita, die am liebsten alles mit ihrer puren Muskelkraft bewältigt. Um das Chaos zu komplettieren mischte sich noch die Bäuerin Sara ein, mit der Meinung, die Tiere seien doch das wichtigste am Hof.

Um ein für alle Mal zu bestimmen, wer denn nun der beste Bauer im Dorf ist und somit Recht haben soll, wurde beschlossen, eine Bauern-Olympiade zu veranstalten. Die vier Bauern erhielten ein Team gestellt, welches für sie über den Tag hinweg in verschiedenen Spielen Punkte sammeln sollte, um ihren Bauern in das Endgame zu befördern.

Am Morgen gab es Traktorwettrennen und Sackhüpfen, am Nachmittag wurde ein Kampf veranstaltet um Brot-Zutaten zu erhalten, welche am Abend zu schönen Laiben verarbeitet wurden. Nach dem Backen entschleunigten wir bei gemütlichen Gesellschaftsspielen in den verschiedenen Beizen des Dorfes, bevor sich im Endgame mit Stierreiten endgültig herausstellen sollte, wer der beste Bauer im Dorf ist.

Schlussendlich gewann Sandro und wurde somit zum besten Bauern gekürt.

 

Was morgen geschehen wird, steht noch in den Sternen (welche leider bei dem Wetter nicht wirklich zu sehen sind).

 

Ich werde euch berichten, sobald ich mehr weiss.


Sonntag, 11. Juli 2021

Nachdem das Geschwatz in den Zimmern bis in die frühen Morgenstunden angehalten hatte, wurden wir um 07.45 Uhr mit lauter Musik aus unseren Betten gerissen – auch wenn alle die, die freiwillig mitgekommen waren, scheinbar noch den Takt der Sonne in sich spüren und so schon sehr früh die ersten Tumulte zu vernehmen waren. Eingestimmt auf das Leben im 1921 wurden wir sogleich mit einem Bauernfrühstück der feinsten Art. Von Spiegelei, über Speck und Rösti zu Müesli und Nutella-Broten war alles vorhanden. Gestärkt starteten wir in den Tag. Verschiedene Bauherren waren auf uns zugekommen, in der Hoffnung, dass wir sie bei der Erstellung diverser Bauten unterstützen könnten. Die Rohstoffe dafür konnten uns jedoch nicht einfach geschenkt, sondern mussten hart erarbeitet werden. Glücklicherweise gibt es hier im Dorf Menschen mit ausserordentlich grossen Spendierhosen, welche sie durch ihre jeweilige Bespassung mit sportlichen Aufgaben lockerer schnallten und uns Sponsoring-Beiträge sprachen. Mit dem gewonnenen Geld konnten so bei Schreiner, Jäger und co. die Rohstoffe gekauft werden, welche schliesslich bei den Bauherren an den entsprechenden Bauorten deponiert wurden. Nachdem wir am Mittag unsere Bäuche mit Grillgut und Salaten vollgeschlagen hatten, starteten wir in den Nachmittag, an dem es galt, die erworbenen Rohstoffe nun endgültig in Bauten zu verwandeln. Wir stellten verschiedene Zelte, eine Hängematte, eine Hollywood-Schaukel, bemalten Steine und spannten ein Sonnensegel. Doch oh Schreck – dies war scheinbar nicht sehr gut gespannt und begrab prompt einen der Bauherren unter sich! Entsetzt mussten wir feststellen, dass NIEMAND auf dem Platz erste Hilfe zu leisten vermochte. So beschlossen wir, am Abend kurz zu besprechen, was die wichtigsten Aspekte beim Bewältigen von Notfällen sind. Wir repetierten Notfallnummern, übten die stabile Seitenlage und lernten einiges über Kräuter-Heilkunde. Nach einem Immun-Stärkungstrank am Abend und einem Bettmümpfeli begaben sich alle wieder in ihre Zimmer. Langsam kehrt Stille in unserem Dorf ein und wir sind gespannt, was der morgige Tag bringen soll.


Bis gli, hebets guet!


Samstag, 10. Juli 2021

Gespannt fanden sich alle am Samstag, dem 10. Juli in Neuendorf bei der Dorfhalle, mit gepackten Koffern, Rucksäcken und montierten Wanderschuhen ein. Was uns erwarten sollte, war wie jedes Jahr eine Wundertüte. Als eine Lehrerin mit ihren Schülern auf den Platz marschierte um Outdoor-Unterricht zu halten, ahnte man zunächst nichts Schlechtes. Schnell wurde jedoch klar, dass die Schüler keine Ahnung von irgendwas hatten, weder wussten woher Milch kommt, noch wie Brot hergestellt wird (die Antwort war regelmässig «aus der Migros», was doch eigentlich alles über diese Generation aussagt…). Nun gut, glücklicherweise kreuzte uns eine Gruppe auf der Durchreise ins Wallis, welche sich zurück in ihr Dorf machte, wo sie wie in 1921 leben. Die alten Zünfte werden dort noch richtig gelebt – dem Bauern kann man beim Heuen helfen, der Schreiner macht alle Möbel noch selber (auch wenn aus dem gewollten Stuhl öfter als nicht ein Tisch wird) und der Metzger kennt alle seine geschlachteten Tiere noch beim Namen. Die Reisegruppe macht der Klasse das Angebot, bei Ihnen eine Woche zu verbringen, um auch richtige Berufe kennenzulernen (nicht nur Influencer, YouTuber und Model), welches sie nach der Betonung, dass es darüber keinen Test geben werde, gerne annahmen. So machten wir uns mit weiteren Freiwilligen aus der Runde auf ins Wallis. Doch wie es sich richtig gehört, fuhren wir nicht direkt zum Lagerhaus, sondern veranstalteten unterwegs noch einen ordentlichen Alpaufzug. Beim Haus angekommen richteten wir unsere Häuser ein und besprachen nach dem ersten gemeinsamen Abendessen die wichtigsten Dinge im Dorf – wir stellten uns alle gegenseitig vor, sodass wir wissen, mit wem wir sprechen, definierten die Dorfregeln gemeinsam, bastelten die ersten Dinge und montierten unsere Briefkästen, in denen wir hoffentlich fleissig Post erhalten werden.
Der erste anstrengende und ereignisreiche Tag ist bereits passé und wir fielen müde in unsere Betten in den zwei hübschen Chalets im tiefsten Wallis – langsam kehrt Ruhe ein in dem friedlichen Dörfchen.


Ich freue mich darauf, euch morgen wieder berichten zu können.