Lagertagebuch

Samstag:

Nach einer gemütlichen Zugfahrt sind wir um 14 Uhr in unserem Lagerhaus Waldschlössli in Davos angekommen. Der Nachmittag wurde vor allem zum Einmisten der Zimmer genutzt. Wer fertig war verweilte im grossen Aufenthaltsraum. Mit einem Theaterstück präsentierten die Leiter den Lebenslauf des gerade verstobenen Königs von und zu Davos, Johann Arthur Paul Theodor Klausheinrich Bonifazius III. Danach erfüllten wir den letzten Wunsch des Königs und erstellten gemeinsam ein Lagergesetz.

Nun sind wir bereits in voller Vorbereitung und Vorfreude auf den Sonntag und das anstehende Casting: „Traumprinz gesucht...“

 

Sonntag:

Nach einer erstaunlich ruhigen ersten Nacht zeigten die Thronanwärter ihre verschiedenen Vorzüge. Am Nachmittag konnten sich die Kandidaten mit Hilfe des Volkes in verschiedenen Disziplinen gegenseitig messen. Am Abend schieden bereits zwei von sechs möglichen Kandidaten aus. Die vier Verbleibenden werden in den nächsten Tagen versuchen je an einem ganzen Tag sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

 

Montag:

Nach dem ohrenbetäubenden Lärm des weckenden Kandidaten (ein schrecklicher Posaunist mit farbigen Flecken in Gesicht) stellten wir fest, dass der Alleinversuch einen Drachen zu erlegen, kläglich gescheitert ist. Natürlich brauchte er die Hilfe der Teilnehmer. Der Drache schaffte es aber sogar alle Kinder zu verzaubern. Am Morgen rüsteten sich Trolle, Feen, Ritter, Hexen und Gespenster zum Kampf gegen den schrecklichen Drachen, um seinen heilenden Zaubertrank zu erobern. In einem hart umkämpften Geländespiel gelang es der Jubla Neuendorf den lichtscheuen Drachen zu besiegen. Mithilfe des Zaubertrankes nahmen alle wieder ihre normale Gestalt an. Zu diesem Anlass veranstaltete Prinzessin Rosalinde eine wilde, grosse, riesige, pompöse, teure Party. Leider wurden wir ein weiteres Mal von Unglück getroffen und bemerkten die Plünderung der Waldschlössli-Schatzkammer. Ohne Geld konnte natürlich keine wilde, grosse, riesige, pompöse, teure Party veranstaltet werden. Dank verschiedenen, mehr oder weniger sinnvollen Hinweisen aus der Davoser Bevölkerung konnte die Schatzkammer-Diebin gestellt werden. Somit konnten wir, zwar erschöpft, aber glücklich und zufrieden zu Bett gehen und freuen uns auf die bevorstehende Wanderung eines weiteren Anwärters auf den Thron zu Davos.

 

Dienstag:

Als Zeichen seiner Sportlichkeit und Naturverbundenheit zeigte uns der zweite Kandidat die wunderschönen, prächtigen Wälder und saftig grünen Wiesen von und zu Davos. Eine absolut, geniale, spassige und lupfige Trottinetfahrt und die atemberaubende Bergwelt entschädigte uns für die Strapazen der mehr oder weniger weiten Wanderrouten. Der Kandidat belohnte die Teilnehmer am Abend mit einer geselligen, unterhaltsamen und lustigen Tanznacht.

 

Mittwoch:

Der dritte Kandidat versuchte das Herz der Prinzessin durch Vielfältigkeit zu gewinnen. Dabei verglich er sich mit einer wilden Rasselbande, die alle für den zweiten Kandidaten schwärmten, da sie immer noch total von der gestrigen Trottinetfahrt begeistert waren. Gegen den starken Kandidaten konnten die Teilnehmer leider knapp nicht überzeugen. Die gute Seele des Kandidaten zeigte sich aber aufgrund der knappen finanziellen Lage des Volkes im Reiche zu Davos. Er unterstützte sie dabei aus seiner Geldbörse und lud die geschlagenen Teilnehmer am Nachmittag zu einem Wellness-Relaxing-Afternoon ein. Dabei konnten die Kids zwischen Gesichtsmasken, Maniküre, einer Relaxing-Chill-Zone und dem Lauschen der beruhigenden, sanften Stimme eines Leiters wählen.

Der Abend wurde mit einem historischen Highlight eingeläutet. Seit acht Jahren schaffte es die Jubla Neuendorf das erste Mal das Küchenteam in Verlegenheit zu bringen, indem es ausnahmslos alle Schüsseln leer vorfand. Alle Schüsseln wurden bis auf den letzten Krümel der berühmt, berüchtigten Fotzelschnitten leergegessen.

Um sich von der finanziellen Abhängigkeit vom Anwärter zu trennen, vergnügten sich die Teilnehmer im Spielcasino Davos und konnten so ihr Taschengeld aufbessern. Morgen wird der letzte Kandidat sein Bestes geben und wir sind gespannt, wie sich der Kampf um den Thron entwickelt.

 

Donnerstag:

Seines Zeichen reichster Davoser beschenkte der vierte Kandidat unsere Teilnehmer mit Talern in Überfluss. Um seine Herzdame Prinzessin Rosalinde zu beeindrucken, suchte er nach den talentiertesten, besten, teuersten, lustigsten, berühmtesten Schauspielern des Landes. Diese waren natürlich schnell gefunden. Nachdem die Schauspieler ihre grossartigen Bühnenstücke präsentiert hatten, ging es ans, wieder einmal, köstliche und unvergleichbar gute Mittagessen.

Leider lockte die Grosszügigkeit und Prahlerei das Gesindel der Stadt an und unser Kandidat wurde mitten im Haus als Geisel genommen. Die Befreiung konnte nur durch Abgabe allen Geldes, welches die Teilnehmer besassen, durchgeführt werden. Somit mussten sie am Nachmittag lernen zu arbeiten. In mühsamer Plackerei konnten die Kinder das Pionierhandwerk erlernen. Nachdem man sich schon damit abgefunden hat, kein Geld zu besitzen und man den Abend schon mit gemütlichem Gesang ausklingen lassen wollte, überraschte eine plötzliche Entdeckung eines interessanten Tagebucheintrages. In diesem Tagebuch ist die Rede von einer Schatzkammer mitten in Davos ausserhalb des Waldschlössli. Leider war die Passage mit der Wegbeschreibung dahin verschlüsselt. Unser Kandidat Nummer Vier teilte sich dieses Geheimnis mit den anderen Schlossbewohnern. Natürlich machten wir uns auf den Weg, um die Verschlüsselung zu knacken. Kurz vor der Auflösung dieses Geheimnisses machten wir eine andere schreckliche Entdeckung. Es stellte sich heraus, dass die Königin ein falsches Spiel spielte. Hinter dem Rücken von Prinzessin Rosalinde und den Kandidaten schmiedete sie mit der anderen Tochter und den Hausangestellten einen heimtückischen Plan. Da sie ihre Macht nicht an ihre älteste Tochter und ihren zukünftigen Gatten abgeben wollte, hinterging sie die Thronfolge und ihre eigene Familie. Gefangen genommen von den eigenen Angestellten, mussten sich die Anwärter entscheiden. Gefangenschaft und Treue der Prinzessin gegenüber oder die Freiheit und somit die Treue gegenüber der bösen, hinterlistigen, machthungrig, gierigen, falschen, uralten, zickigen Hexe. Sie entschieden sich für die falsche Seite. Die Kinder, welche sich noch immer für die Prinzessin einsetzten, wurden über Nacht im Gefängnis eingekerkert. Die einzige Hoffnung liegt nun in den Händen des Hufschmiedes, welcher, wie die Teilnehmer, immer noch die Treue zur Prinzessin Rosalinde schwört. Kann er das Königreich noch retten? Oder ist es zu spät? Die Lage in Davos spitzt sich zu...

 

Freitag:

Haferbrei und Brot. Mehr gab es heute nicht zum Frühstück. Denn Machtgier verleitete die Gefängniswärter dazu, den Teilnehmern schwierige, zum Teil sogar unmögliche Aufgaben zu stellen. Im dunkelsten Raum des Schlosses sollten die Kinder Tageslicht hereinbringen oder für Frischluft sorgen. Auch ein Schneckenrennen und ein fast professioneller Kanon wurden den Wärtern präsentiert.

Während die Teilnehmer nach bestem Wissen und Gewissen die Aufgaben zu lösen versuchten, zettelte der ebenfalls eingekerkerte Hufschmied einen genialen, unvergleichbaren, präzise durchdachten Aufstand gegen die böse, hinterlistige, machthungrige, gierige, falsche, uralte, zickige Königin und ihr Gefolge an. Die Teilnehmer schlichen sich beinahe lautlos an die ahnungslosen Wärter heran. Mit einem perfekt durchgeführten Befreiungsschlag der Prinzessin hatten die bösen, hinterlistigen, machthungrigen, gierigen, falschen, zickigen Wärter nicht gerechnet und waren regelrecht überrumpelt von all den Blitzlichtern und dem Gekreische der Kinder. Trotz kleiner Gegenwehr konnte das Volk ihre Peiniger festhalten. Die Grosszügigkeit und Toleranz der Prinzessin zeigte sich, indem sie den Verrätern ein unausschlagbares Angebot machte und ihnen verzeihte.

Damit man das königliche Hofleben wieder normal aufnehmen konnte und eine dementsprechende Hochzeit der Prinzessin und ihres zukünftigen Gatten durchführen konnte, brauchte das Königreich Geld. Wir erinnerten uns an den Überfall von gestern und erfuhren, dass die Königin den Dieb bezahlte. Sie hat ihn beauftragt, dass Geld zu stehlen und als Schatz zu verstecken und die Hinweise zu ihm auf dem gesamten Königreich zu verteilen. Mithilfe der Prinzessin und des Hufschmiedes war das Zusammenfügen der Hinweise zu einer Karte und das Auffinden des Schatzes für unsere eifrigen und klugen Teilnehmer kein Problem. Somit konnte die Hochzeit und das Fest zur Rettung des Königreiches von und zu Davos durchgeführt werden. Die Wahl eines der vier verbleibenden Kandidaten als geeigneten Nachfolger des Königs und Gatten von Rosalinde stand in Anbetracht der vergangenen Tage nicht mehr zur Diskussion. Der einzige, welcher die ganze Zeit der Prinzessin die Treue schwor, war der Hufschmied. Somit wurde er auserkoren den Königsthron zu besteigen und Prinzessin Rosalinde zu heiraten. Das Festmahl und die Hochzeitstorte waren das absolute Lager-Highlight. Der Abend klang mit einem grossen Fest aus und alle verstanden sich wieder prächtig. Das Gefühl von Wehmut und der Gedanke daran, dass der Abreisetag ansteht, konnte zum Glück die Stimmung nur wenig trüben.

Wir können uns nun beruhigt wieder auf den Weg zurück nach Neuendorf machen. Und hoffen, dass das Königreich von und zu Davos mit Prinzessin Rosalinde und dem Hufschmied noch lange existiert, denn wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch morgen.